Trotz hoher Arbeitslosenquote jammern deutsche Firmen über zu wenig Fachpersonal. Wer sein Unternehmen attraktiv präsentiert, trotzt dem Fachkräftemangel.
Die neueste Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit zeigt, dass in Deutschland auch weiterhin ein Mangel an Fachkräften herrscht. Pauschalisiert darf das Thema allerdings nicht werden, denn hier kommt es zum einen auf die Branche an und zum anderen auf den Standort des Unternehmens.
Arbeitgeber beklagen immer wieder, dass Ihnen qualifiziertes Personal fehlt, tun aber selbst wenig dafür, diesen Umstand zu ändern. Experten warnen davor, sich darauf zu verlassen, dass Spezialisten von allein ins Haus „flattern“. Die Firmen selbst sind in der Pflicht, Ihr Unternehmen für den potenziellen Bewerber attraktiv zu machen.
Passive Arbeitgeber schaden sich selbst
Fachkräfte gibt es auf dem freien Arbeitsmarkt genug, die Vermittlung als solche ist das Problem, weil sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber selbst im Weg stehen. Der Arbeitnehmer erwartet aufgrund seiner Qualifikation ein attraktives Arbeitsumfeld, das Unternehmen geht davon aus, dass der Jobsuchende eines Tages an seiner Tür klingelt.
Diese Einstellung schadet auf lange Sicht dem Unternehmen, da die eigene Flexibilität sinkt, Produktionsprozesse behindert und die Personalkosten steigen werden. Ein Großteil der Unternehmen hat dies inzwischen eingesehen und Strategien entwickelt, sich selbst für Fachkräfte attraktiver zu machen.
Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
2 Fallbeispiele:
Infineon – Eigene Ideen erwünscht
So gibt zum Beispiel Infineon ausführliche Tipps, mit einem Video für potenzielle Jobinteressenten, wie Sie sich am besten auf Ihr Vorstellungsgespräch vorbereiten. Das Unternehmen für Halbleitertechnologie ist weltweit tätig und definiert klipp und klar, welche Anforderungen an den Bewerber gestellt werden.
Im Gegenzug bietet es Karrierechancen im Management und die Einbringung eigener Ideen in einem der führenden Unternehmen auf diesem Sektor. Attraktivität erlangt die Firma zudem durch seine Standorte in München, Singapur und Milpitas (Kalifornien).
Phoenix Contact GmbH: familienorientierte Personalpolitik
Auch die Phoenix Contact GmbH & Co.KG aus Blomberg setzt seit einigen Jahren vermehrt auf Arbeitgeberattraktivität und liegt damit genau richtig. Ohne, dass überhaupt eine Stellenausschreibung stattfand, flattern dem Personalmanagement täglich rund 800 Bewerbungen ins Haus. Das Geheimrezept von Geschäftsführer Prof. Dr. Gunther Olesch ist seine familienorientierte Personalpolitik. Diese Strategie brachte dem Unternehmen bereits zwei Mal die Auszeichnung „Bester Arbeitgeber im Mittelstand“ ein.
7 konkrete Maßnahmen für mehr Arbeitgeberattraktivität
Das Beispiel der Phoenix Contact GmbH zeigt, dass auch Unternehmen, die ihren Standort außerhalb attraktiver Wohngegenden haben, erfolgreich Fachkräfte anziehen können. Zugegeben, das interne und externe Personalmarketing wird zur echten Herausforderung fürs Personalmanagement, aber nicht zur unlösbaren Aufgabe.
✓ Arbeitsklima contra Gehalt
Die Entlohnung hat selbstverständlich einen besonderen Stellenwert für jeden Arbeitnehmer. Wer Leistung bringt, möchte auch dementsprechend entlohnt werden. Es ist aber, gerade bei jungen Fachkräften, nicht das ausschlaggebende Kriterium einen Job anzunehmen. Großes Augenmerk legen Berufseinsteiger auf ein kooperatives Arbeitsklima. Nur wer sich im Job wohlfühlt, macht diesen auch gut.
✓ Dienstwagen und Diensthandy
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, große Gesten binden den Mitarbeiter. Sachleistungen, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellt, erhöhen ohne Zweifel den Reiz, dort als Fachkraft tätig zu werden. Schwierig wird es, hier die Waage zu halten, um nicht Neid und Missgunst unter den Mitarbeitern zu schüren, denn nicht jedem können solche Privilegien zugesprochen werden.
✓ Aufstiegschancen ermöglichen
Tag für Tag die gleichen Aufgaben zu erfüllen, ist für das Gro der Mitarbeiter auf Dauer nicht befriedigend. Wer innerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen anbietet, erhöht die Attraktivität seines Unternehmens deutlich. Beschäftigte, die merken, dass sie trotz hervorragender Qualifikationen immer noch weiter aufsteigen können, fühlen sich ernst genommen. Ihr Arbeitseifer wächst und das Gefühl, Teil des Unternehmens zu werden, steigt.
✓ Ausbilden und Halten
Gleiches gilt für Azubis, die ihren beruflichen Weg in Ihrem Unternehmen starten. Wer ausbildet, sollte auch versuchen, seine jungen Fachkräfte zu halten. Dies geht nur durch verantwortungsbewusste Mitarbeiterbindung. Lehrlinge werden von Anfang an in den Arbeitsablauf integriert und durch eine gezielte Ausbildung gefördert.
✓ Betriebliche Gesundheitsförderung
Mitarbeiter, die permanent krank sind, im schlimmsten Fall auch noch aus betrieblichen Gründen, beeinträchtigen den Erfolg in jeder Hinsicht. Gesunde Arbeitnehmer sind also Grundvoraussetzung für den florierenden Ablauf. Investitionen der Geschäftsleitung in eine betriebliche Gesundheitsförderung sind daher jedem zu empfehlen, der seine Fachkräfte langfristig binden will. Im Netzwerk „Unternehmen für Gesundheit“ können sich Firmen und Verwaltungen Tipps holen und Erfahrungen austauschen.
✓ Familienfreundliches Personalmanagement
Ihr Jobangebot klingt toll und trotzdem finden Sie niemanden, der für Sie tätig werden will. Oftmals liegt das einfach daran, dass die Familie des Bewerbers nicht „mitzieht“. Das kann durchaus wörtlich genommen werden, wenn unter anderem ein Wohnortwechsel ansteht. Sorgen Sie im Gegenzug dafür, dass auch Frau und Kinder sich wohlfühlen, fällt die Entscheidung leicht. Das kann eine separate Anstellung der Ehefrau sein oder die Unterstützung bei der Suche nach dem optimalen Kitaplatz.
✓ Präsentieren Sie sich in sozialen Netzwerken
Ein guter Leumund ist das beste Aushängeschild. Wenn Mitarbeiter im Bekanntenkreis ihren Arbeitsplatz besonders loben, sind Sie auf dem besten Weg der attraktiven Eigenwerbung. Ihre Angestellten werden automatisch zum Botschafter Ihres Unternehmens. Unterstützend sollten Sie sich die Reichweite sozialer Netzwerke zunutze machen. Gerade junge Leute gehen heute anders an die Jobsuche heran und erwarten auch von Ihrem potenziellen Arbeitgeber mehr Flexibilität. Eine Stellenausschreibung gehört deshalb nicht nur in die Tagespresse, sondern immer auch ins Internet.
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