Kurzarbeit kann Jobs retten! Durch Verringerung der Arbeitszeit und Unterstützung durch die Agentur für Arbeit können Arbeitgeber Kündigungen vermeiden.
Meine Freundin arbeitet in einem Frisörsalon. Sie berichtete mir, dass derzeit viele der Kunden fernbleiben. Grund dafür ist die aktuelle Situation rund um die Pandemie. Kontaktbeschränkungen, verschärften Hygienevorschriften und die damit geschürte Angst vor dem Corona-Virus. Ihre Chefin ist nun gezwungen Maßnahmen zu treffen, damit sie Ihre Mitarbeiter weiterhin beschäftigen kann. Um niemanden entlassen zu müssen, hat sie sich entschlossen Kurzarbeit anzumelden.
Kurzarbeit und das damit verbundene Kurzarbeitergeld sind aber keineswegs ein Phänomen, das erst in Zeiten von Corona aufgetreten ist. Vielmehr gab es schon Anfang des 20. Jahrhunderts eine Kurzarbeiterfürsorge, die den Arbeits- und Verdienstausfall kompensieren sollte. Das Kurzarbeitergeld, wie wir es heute kennen, basiert auf der Grundlage des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung aus dem Jahr 1927.
Was ist Kurzarbeitergeld überhaupt?
Beim Kurzarbeitergeld handelt es sich um eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Anspruchsberechtigt sind ArbeitnehmerInnen, die von einem unvermeidbaren und vorübergehenden Arbeitsausfall betroffen sind. Der Arbeitsausfall muss jedoch in wirtschaftlichen Ursachen oder unabwendbaren Ereignissen begründet sein.
Wer kann Kurzarbeitergeld beantragen?
Grundsätzlich kann jedes gewerbliche Unternehmen Kurzarbeitergeld für seine MitarbeiterInnen beantragen. Dabei spielt die Größe des Unternehmens keine Rolle, abgesehen davon, dass es mindestens eine/n abhängig beschäftigte/n ArbeitnehmerIn im Betrieb geben muss. Voraussetzung ist jedoch, dass mindestens ein Drittel der Belegschaft von einem Verdienstausfall von mehr als zehn Prozent des monatlichen Bruttogehaltes betroffen ist.
Ausnahme: Aufgrund der Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft müssen bis zum 31.12.2020 statt einem Drittel nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein, damit ein Unternehmen Kurzarbeit anmelden kann.
In der Regel sind Unternehmen des öffentlichen Dienstes von der Kurzarbeit ausgenommen, sodass sie kein Kurzarbeitergeld für ihre ArbeitnehmerInnen beantragen können. Eine Ausnahme besteht dann, wenn ein unabwendbarer Grund für die Kurzarbeit vorliegt. Denkbar wären hier zum Beispiel behördlich angeordnete Schließungen.
Wie wird Kurzarbeitergeld beantragt?
Die Beantragung des Kurzarbeitergeldes erfolgt in drei Schritten:
- Schritt 1: Anzeige von Kurzarbeit
- Schritt 2: Prüfung Anspruchsvoraussetzungen
- Schritt 3: Antrag auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes
Schritt 1: Anzeige Kurzarbeit
Generell wird die Kurzarbeit vom Arbeitgeber beantragt. Dazu ist es erforderlich, dass er die Kurzarbeit spätestens am letzten Tag des Monats schriftlich oder elektronisch bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigt, in dem die Kurzarbeit eingetreten ist. Dieser Anzeige ist eine Stellungnahme des Betriebsrates beizufügen. Entsprechende Vordrucke dafür sind auf der Homepage der Agentur für Arbeit verfügbar.
Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber. Seine Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Auch in kleinen Betrieben mit mindestens fünf wahlberechtigten Beschäftigten ist es möglich einen Betriebsrat zu gründen. Bei der Akademie für Arbeits- und Sozialrecht erhalten Sie nähere Infos zur Betriebsratgründung.
Zudem ist es notwendig, die Belegschaft über die geplante Kurzarbeit in Kenntnis zu setzen. Hierfür wird üblicherweise eine Betriebsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den Betriebsrat geschlossen. Gibt es keinen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber eine Einverständniserklärung von allen Beschäftigten einholen, die von Kurzarbeit betroffen sind. Diese ist der Anzeige zur Kurzarbeit beizufügen.
Tipp:
Beschäftigte, die ihr Einverständnis nicht erteilen, dürfen nicht aufgrund dessen gekündigt werden. Hier bietet sich dem Arbeitgeber aber die Möglichkeit der Änderungskündigung aufgrund der schlechten finanziellen Lage an.
Eine Einverständniserklärung der Beschäftigten ist jedoch nicht erforderlich, wenn bereits im Arbeitsvertrag oder einem geltenden Tarifvertrag Regelungen über eine eventuelle Kurzarbeit getroffen wurden.
Schritt 2: Prüfung Anspruchsvoraussetzungen
Die Agentur für Arbeit wird prüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld vorliegen. Bei einem positiven Ergebnis wird die Agentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld ab dem Monat der Antragstellung dem Grunde nach bewilligen.
Schritt 3: Antrag auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes
Liegt eine Bewilligung des Kurzarbeitergeldes dem Grunde nach vor, muss der Arbeitgeber die Erstattung bei der Agentur für Arbeit beantragen, indem er jeweils monatlich Nachweise über die tatsächliche Ausfallzeit und die betroffenen ArbeitnehmerInnen übermitteln. Hierfür hat er maximal drei Monate nach Ablauf des jeweiligen Abrechnungsmonats Zeit.
Wie lange wird Kurzarbeitergeld gewährt?
Kurzarbeitergeld wird für einen Zeitraum von maximal 12 Monaten gewährt. Allerdings müssen diese nicht alle direkt aufeinander folgen. Soll heißen: Wenn im Unternehmen zwischenzeitlich so viel Arbeit aufgelaufen ist, dass die Kurzarbeit für maximal drei Monate aufgehoben werden kann, so verlängert sich die Bezugsdauer um eben diesen Zeitraum.
Ein Beispiel:
Unternehmen XY meldet bei der Agentur für Arbeit im Dezember 2019 Kurzarbeit an und erhält für 12 Monate eine Bewilligung von Kurzarbeitergeld dem Grunde nach – als bis November 2020. Im März 2020 verbessert sich die Auftragslage und die Kurzarbeit wird aufgehoben.
Im Mai 2020 sieht die Auftragslage wieder so schlecht aus, dass das Unternehmen wieder in Kurzarbeit gehen muss. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht dann regulär bis November 2020 und darüber hinaus für die beiden Monate, die wegen der guten Auftragslage nicht in Anspruch genommen wurden. Damit kann noch bis Januar 2021 Kurzarbeitergeld gewährt werden.
Bei einer Unterbrechung der Kurzarbeit von mehr als drei Monaten würde ein erneuter Anspruch auf Kurzarbeitergeld für maximal 12 Monate bestehen.
Übrigens: Bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Bezugsdauer auf 24 Monate verlängern.
In welcher Höhe wird Kurzarbeitergeld gewährt?
Das Kurzarbeitergeld ergibt sich aus dem Nettoverdienstausfall. Grundsätzlich erhalten alle kinderlosen beschäftigten in Kurzarbeit 60 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein kindergeldberechtigtes Kind mit im Haushalt, haben Beschäftigte einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld in Höhe von 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts.
Das pauschalierte monatliche Nettoentgelt wird ermittelt, indem das jeweils auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag gerundete Soll- und Ist-Entgelt um folgende pauschalierte Abzüge
vermindert wird:
• Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 v.H.
• Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse
• Solidaritätszuschlag
Auch hier gibt es aufgrund der Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft eine Ausnahmeregelung. Bei einer Verringerung der Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent erfolgt – befristet bis zum 31.12.2020 – eine stufenweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes:
- Monat 1-3: 60 Prozent bzw. 67 Prozent
- Monat 4-6: 70 Prozent bzw. 77 Prozent
- ab Monat 7: 80 Prozent bzw. 88 Prozent
Ist ein Nebeneinkommen bei Bezug von Kurzarbeitergeld möglich?
Grundsätzlich ist es auch während einer Kurzarbeit möglich, einen Nebenverdienst zu erzielen. Ob dieser die Höhe den Kurzarbeitergeldes beeinflusst, hängt davon ab, wann die Beschäftigung aufgenommen wurde.
So hat ein Nebeneinkommen, welches schon vor Beginn der Kurzarbeit bestand, keinen Einfluss auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes. Wird die Nebenbeschäftigung allerdings erst während des Bezuges von Kurzarbeitergeld aufgenommen, stellen die Einkünfte daraus eine Erhöhung des tatsächlich erzielten Einkommens dar. Das Einkommen aus der Nebenbeschäftigung ist daher auf das Kurzarbeitergeld anzurechnen.
Aufgrund der Corona-Krise gibt es bis zum 31.12.2020 eine Ausnahme für Nebenverdienste in systemrelevanten Bereichen. Diese wirken sich unter Umständen auch dann nicht auf das Kurzarbeitergeld aus, wenn die Nebenbeschäftigung erst während der Kurzarbeit aufgenommen wurde. Voraussetzung hier für ist allerdings, dass das Gesamteinkommen – als tatsächlich gezahltes Arbeitseinkommen, Kurzarbeitergeld und der Hinzuverdienst – nicht das normale Bruttoeinkommen übersteigt.