Betriebsrat: Mitbestimmungsrecht bei Einstellung nach Bewerbung

Wurde in einem Unternehmen ein Betriebsrat gegründet, so hat dieser Mitbestimmungsrecht bei Einstellung potentieller Bewerber. Alle Fristen und Infos hier.

Symbolbild: Betriebsratssitzung während der Arbeitszeit
Der Betriebsrat hat bei Personalfragen immer ein Wörtchen mitzureden | © insta_photos / stock.adobe.com

Aus Sicht eines Arbeitgebers ist der Betriebsrat oft ein störendes Organ, was sich in Belange einmischt, die der Chef gern allein klären würde. Aber auch Arbeitnehmer verkennen die Arbeit der Betriebsratsmitglieder oftmals und sehen die häufigen Sitzungen als vergeudete Arbeitszeit an. Bringt ein Betriebsrat im Unternehmen wirklich nur Unmut oder hat sein Wirken auch Vorteile für beide Seiten?

Im Jahr 2011 wurden allein in der Branche Bergbau, Energie und Versorgung 86 Prozent aller Beschäftigten durch einen Betriebsrat betreut. Dicht gefolgt vom Arbeitszweig Kredit und Versicherungen mit 75 Prozent. Schlusslicht bildet die Baubranche, hier waren es lediglich 16 Prozent der Arbeitnehmer, die durch den Betriebsrat vertreten wurden.

Wer sich in einem Unternehmen bewirbt, ahnt gar nicht, welchen Stellenwert seine Bewerbung haben kann, wenn ein Betriebsrat vorhanden ist. Der Bewerber geht natürlich davon aus, dass seine Bewerbung dem obersten Chef vorgelegt wird, und dass dieser letztendlich die Entscheidung trifft. Dieses Monopol, wie ich es hier mal überspitzt nennen möchte, verliert ganz schnelle seine Macht, sobald ein Betriebsrat agiert. Dieser hat nämlich ein nicht zu unterschätzendes Mitbestimmungsrecht bei jeder Einstellung.

Informationspflicht des Arbeitgebers

Liegt dem Geschäftsführer / Chef eine Bewerbung vor, so hat er diese dem Betriebsrat vorzulegen. Er darf auf gar keinen Fall allein entscheiden, wie mit der Bewerbung umgegangen wird. Hierbei handelt es sich nämlich um eine sogenannte personelle Einzelmaßnahme, das heißt, der Betriebsrat entscheidet mit darüber, ob der Bewerber eingestellt wird oder nicht. Geregelt ist dies im § 99 Betriebsverfassungsgesetz.

Einstellung ist nicht gleich Arbeitsvertrag

Hört man das Wort Einstellung, so geht man als Laie natürlich von einem festen Arbeitsvertrag aus. Im Sinne des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates umfasst eine personelle Einzelmaßnahme aber auch folgende Punkte:

  • Ein befristeter Arbeitsvertrag wird in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt.
  • Eine befristete Anstellung soll verlängert werden.
  • Aus einem Teilzeitarbeitsverhältnis soll ein Vollzeitjob werden und umgekehrt.

In all diesen Punkten muss der Betriebsrat also informiert und um Zustimmung gefragt werden. Da sich die Gesetzgebung von Zeit zu Zeit ändert, sollten Betriebsratsmitglieder ständig auf dem Laufenden bleiben. Spezielle Informationen kann sich jeder Betriebsrat bei ifb.de holen. Die Internetplattform gibt nicht nur Tipps zu den allgemeinen Grundlagen der Betriebsratsarbeit sondern bietet auch Seminare zur aktuellen Rechtsprechung an.

Für welche Personen gilt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates?


Potentielle Mitarbeiter, die sich um eine Anstellung bewerben, gehören ohnehin zu dem Personenkreis, dessen Bewerbung dem Betriebsrat vorzulegen ist. Häufig taucht in dem Zusammenhang aber die Frage auf, ob der Betriebsrat auch bei Leiharbeitern ein Mitbestimmungsrecht hat. Die Frage kann ganz klar mit Ja beantwortet werden. Aber nicht nur die Einstellung von Leiharbeitern zählt dazu, sondern auch nachfolgende Personengruppen:

  • Auszubildende
  • Praktikanten
  • Schülerpraktikanten
  • Umschüler
  • Aushilfen (z.B. Studenten)
  • Volontäre

Einstellung nur bei vollständigen Unterlagen möglich

Sowohl der Bewerber als auch der Betriebsleiter / Chef sind in der Pflicht, wenn es um die Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen geht. Liegen diese dem Betriebsrat nicht lückenlos vor, so kann er die Einstellung verweigern. Neben einer vollständigen Bewerbungsmappe zählen auch der geplante Zeitpunkt der Einstellung sowie der vorgesehene Arbeitsplatz mit all seinen Funktionen dazu. Bei befristeten Beschäftigungen oder Teilzeitjobs ist zusätzlich die genaue Dauer des Postens anzugeben.

Einstellungszustimmung oder -ablehnung – Gründe und Fristen

Der Betriebsrat muss innerhalb einer Frist von einer Woche, auf die Bewerbung reagieren. Tut er dies nicht, kann der Arbeitgeber dies als Zustimmung zur Bewerbung und Einstellungs-Ja ansehen. Hält er sich an die Frist, kann er der Einstellung zustimmen, oder sie ablehnen. Letzteres muss dann allerdings schriftlich begründet werden.

➩ Wann kann der Betriebsrat die Neueinstellung verweigern?

Natürlich darf ein Betriebsrat nicht willkürlich über den beruflichen Werdegang eines Bewerbers entscheiden. Persönliche Belange oder Antipathie haben bei der Entscheidungsfindung nichts zu suchen. Mögliche Gründe sind ebenfalls im §99 BetrVG geregelt und können sein:

  • es lag keine innerbetriebliche Ausschreibung im Unternehmen vor
  • anderen Mitarbeitern entstehen durch die Einstellung Nachteile
  • andere Mitarbeiter werden aufgrund der Einstellung gekündigt
  • der Bewerber selbst wird durch die Einstellung benachteiligt
  • das Betriebsklima wird durch die Einstellung massiv gefährdet

Es klingt fast so, als seien Arbeitgeber den Entscheidungen des Betriebsrates willenlos ausgeliefert. So ist es natürlich nicht! Sind Sie mit der Entscheidung des BR nicht einverstanden, so können Sie diese beim Arbeitsgericht prüfen lassen.

Über Ringo Dühmke 635 Artikel
Gründer von Arbeitstipps.de und einigen anderen Websites. Gelernter Kaufmann mit großer Leidenschaft für (das Schreiben über) Unternehmen und Unternehmer aller Art, für Onlinemarketing, Digitalisierung und Automatisierung.

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