Der Wiedereinstieg nach einer langen Depression ist weder für die Angestellten selbst, noch für den Arbeitgeber eine leichte Angelegenheit. Wie Arbeitgeber ihren Mitarbeitern die Rückkehr erleichtern können, erfahren Sie in diesem kleinen Leitfaden.
Laut dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport 2016 (einsehbar unter dak.de) gehören psychische Erkrankungen mittlerweile zu den häufigsten Krankschreibungen mit den meisten Krankentagen. Mehr Krankentage verursachen lediglich Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Atemwegserkrankungen. Insgesamt verursachen diese drei Erkrankungen mehr als die Hälfte aller Krankentage. Das sind erschreckende Zahlen.
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Wie lange ist der Angestellte mit Depression krankgeschrieben?
Wenn ein Angestellter den gelben Schein wegen einer Depression abgibt, ist das nicht nur für ihn selbst ein schrecklicher Moment. Auch für den Arbeitgeber ist es keine leichte Situation. Er muss von jetzt auf gleich auf einen guten Angestellten verzichten. Die Arbeit kann aber auch nicht einfach liegen bleiben, denn bei der Diagnose „Depression“ weiß man nie so recht, wann der Angestellte wieder richtig einsatzbereit ist. Um die Zeit bis zur Wiederkehr zu überbrücken, kann eine vorübergehende Vertretung für Unterstützung sorgen.
Kleiner Tipp: Vermeiden Sie es, die liegenbleibende Arbeit auf andere Kollegen abzuwälzen. Diese sind in den meisten Fällen selbst voll mit Terminen und Projekten, sodass sie im schlimmsten Fall einen weiteren Depression-Krankenfall herbeiführen.
Ist der Zeitpunkt gekommen, dass der Betroffene seine Wiederkehr anmeldet, gilt es, mit ihm abzuklären, wie der Wiedereinstieg aussehen soll. Dazu hier einige Vorschläge, die sich in den letzten Jahren sehr bewährt haben.
Möglichkeiten um Betroffenen den Wiedereinstieg zu erleichtern
➡️ Rückkehrgespräch führen
Zugegeben, ein Rückkehrgespräch ist für beide Parteien häufig sehr unbeliebt. Die Erkrankten möchten ungern Ihr Privatleben vor ihrem Chef breittreten. Außerdem haben sie natürlich Angst, dass ihre längerfristige Krankheit negative Auswirkungen auf ihren Job haben könnte.
Als Arbeitgeber ist es Ihre Aufgabe, dem Betroffenen die Angst zu nehmen. Die Experten von industry-press.com raten zu jedem Rückkehrgespräch den Betriebsrat einzubeziehen. Dieser kann im Bedarfsfall zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermitteln, sollte es zu Missverständnissen, hitzigen Diskussionen oder anderen Konflikten kommen.
Zusätzlich finden Sie hier auch ein hervorragendes Beispiel, wie so ein Rückkehrgespräch zu führen ist. Dazu gehört es nämlich nicht nur den Betroffenen mit Fragen zu bombardieren, sondern ihm seine Fürsorgepflicht zu vermitteln und Möglichkeiten zu finden, wie der Arbeitnehmer sich zukünftig wieder wohlfühlt. Weiterhin sollten Sie gemeinsam die eventuellen krankheitsbedingten Ursachen aufklären und sie bestmöglich verringern, um eine erneute Erkrankung zu vermeiden.
Übrigens: Dieses Rückkehrgespräch ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie werden dennoch häufig durchgeführt, um eben den Wiedereinstieg für beide Seiten positiver gestalten zu können.
➡️ Betriebliches Eingliederungsmanagement
Im Gegensatz zum Rückkehrgespräch sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Angestellten, die längerfristig krankgeschrieben waren, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) anzubieten. Dieses Gesetz gibt es seit 2016 und ist verankert im „Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX: § 167 Prävention Absatz 2“ (hier unter gesetze-im-internet.de).
Hierin heißt es:
Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).
Dieses Eingliederungsmanagement bietet Vorteile für beide Parteien. Für Sie als Arbeitgeber dient es natürlich der Leistungsfähigkeit Ihrer Angestellten. Durch das BEM sollen Fehlzeiten verringert und die Personalkosten dementsprechend gesenkt werden. Die Teilnahme ist für Betroffene allerdings freiwillig, gezwungen werden darf niemand.
Weitere Informationen bezüglich BEM und Kündigungsschutz finden Sie beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter bmas.de.
» Video-Tipp
In diesem Video geht es zwar über eine längerfristige Bandscheibenerkrankung, aber es erklärt dennoch genau die Vorgehensweise beim BEM.
➡️ Einstieg nach dem Hamburger Modell
Eine weitere Möglichkeit dem Arbeitnehmer einen leichteren Einstieg in das Arbeitsleben zu geben, ist das Programm Hamburger Modell. Hierbei startet der Erkrankte mit einer Arbeitszeit von zwei Stunden täglich.
Dieses Modell ist eine gesetzliche Leistung der Krankenkassen oder der Rentenversicherung. Zahlen muss der Arbeitgeber während der Teilnahme an dem Programm nicht. Das übernimmt die jeweilige Krankenkasse für die entsprechende Dauer in Form von Krankengeld. Bei diesem Programm wird den Arbeitnehmern ein langsamer Einsteig ermöglicht. Gerade bei psychisch Erkrankten ist diese Variante sehr hilfreich, da sie nicht „von jetzt auf gleich“ wieder voll gefordert werden, sondern langsam an die steigende Belastung gewöhnt werden.
Stufenplan bestimmt Dauer und wöchentliche Arbeitszeit
Erstellt wird die stufenweise Rückkehr, der sogenannte Stufenplan, vom Arzt direkt. Welche Punkte dieser unbedingt beinhalten muss, hat Stiftung Warentest unter test.de, einmal genauer für Sie erläutert. Damit der Betroffene dieses Hamburger Modell aber auch wirklich durchführen kann, müssen Sie als Arbeitgeber zustimmen.
Wichtig: Bei diesem Stufenplan handelt es sich nur um einen voraussichtlichen Plan. Das Programm wird an jeden einzelnen Erkrankten individuell angepasst. Es besteht die Möglichkeit diese Vereinbarung jederzeit zu ändern oder auch auszusetzen.
5 Tipps: Depressionen bei Angestellten vorbeugen
Depressionen sind natürlich nicht immer nur arbeitsbedingt, dennoch sollten Sie als Arbeitgeber immer dafür sorgen, dass Ihre Mitarbeiter sich wohlfühlen. Je höher der Leistungsdruck auf der Arbeit ist, desto wahrscheinlicher ist ein Krankenschein mit psychischer Belastung. Dem gilt es vorzubeugen.
➡️ Gesetzliche Pausen einhalten
Pausen sind wichtig, um sich zu entspannen und neue Energie tanken zu können. Achten Sie darauf, dass Ihre Mitarbeiter sich diese kleine Auszeit nehmen und nicht von morgens bis abends durcharbeiten.
➡️ Ziele realistisch setzen
Heutzutage wird von vielen Chefs gern mehr verlangt, als ein einzelner Mitarbeiter wirklich schaffen könnte. Natürlich ist es immer besser, wenn Aufträge schnellstmöglich abgearbeitet sind, es sollte aber nicht um jeden Preis sein. Setzen Sie daher realistische Ziele. So vermeiden Sie eine erhöhte Belastung und senken damit das Risiko einer Depression.
➡️ Gute Leistungen honorieren
Jeder Angestellte hat seine Aufgabenbereiche, die er natürlich bestens ausführen muss. Ist ein Mitarbeiter aber ständig bereit Überstunden zu machen oder macht er seine Arbeit regelmäßig mehr als nur gut, dann sollten Sie diese Leistungen honorieren. Das muss nicht immer gleich bedeuten, dass Sie ihm mehr zahlen, oft reicht es schon, wenn Chefs die Arbeit anerkennen und mit einem „Sehr gut gemacht“ oder „Danke für die Einsatzbereitschaft“ belohnen.
➡️ Gesundheit fördern
Übermäßiger Stress ist eine Hauptursache von Depressionserkrankten. Und womit lässt sich der Stress am besten bewältigen? Genau mit Sport. Um Ihre Mitarbeiter zu schützen, können Sie Ihnen bestimmte Fitnesskurse anbieten oder aber Sie sorgen für Fortbildungsangebote im Bereich „Stressbewältigung“. So lernen Ihre Mitarbeiter rechtzeitig damit umzugehen und wie man Stress gezielt abbauen kann.
➡️ Haben Sie stets ein offenes Ohr
Als Chef sollten Sie nicht immer nur den Chef raushängen lassen. Geben Sie Ihren Angestellten immer das Gefühl, dass Sie auch ein offenes Ohr für ihre Probleme haben. Es nimmt einiges an Druck, wenn man weiß, dass man mit seinem Arbeitgeber über eine steigende Überforderung sprechen kann und anschließend dementsprechend gehandelt wird. So können einige Krankenscheine deutlich vermieden werden.
Bin jetzt 75 Wochen krankgeschrieben fange in März mit Wiedereingliederung wieder an bekomme ich da trotzdem mein Geld von der Krankenkasse oder habe ich da kein Anspruch mehr
@Simone Hauschild
Der Arbeitgeber zahlt 6 Wochen Lohnfortzahlung, danach erhält man für 72 Wochen Krankengeld welche im März bereits ausgeschöpft sind. Vermutlich erhalten sie danach Übergangsgeld